ZUSTAND UND GELÄNDE

EIN FILM VON UTE ADAMCZEWSKI

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Ute Adamczewskis Dokumentarfilm ZUSTAND UND GELÄNDE erzählt die Geschichte einer Eskalation.

Ausgangspunkt des Films sind sogenannte wilde Konzentrationslager, die unmittelbar nach der nationalsozialistischen Machtergreifung ab März 1933 zur Ausschaltung politischer Gegner*innen eingerichtet wurden und heute weitgehend in Vergessenheit geraten sind. ZUSTAND UND GELÄNDE handelt von den Überschreibungen der Orte durch die Zeit und davon, wie sich unterschiedliche politische Erinnerungskulturen in sie eingeschrieben haben. Der Film verknüpft drei aufeinanderfolgende Zeiträume der deutschen Geschichte zu einem losen Narrativ, in dem Gewalt zur Durchsetzung von Macht eine wesentliche Rolle spielt.

Bilder von Straßen, Wohnhäusern, Schlössern und Burgen aus Sachsen treffen auf aus dem Off verlesene bürokratische Briefwechsel, Tagebucheinträge, literarische Fragmente. Zu Beginn entstammen sie dem Jahr 1933, kreisen thematisch um die Suche nach, später die Organisation von Schutzhaft- und Konzentrationslagern, der Unterdrückung bzw. dem Widerstand der politischen Opposition, von traumatischen Erfahrungen. Nach und nach kommen neue Zeitschichten hinzu – 1945, 1977, 1990, 2011 – und mit ihnen Diskurse der Erinnerungskultur – der Repräsentation dieser Ereignisse, der Etablierung von Denkmälern, der Definition des Begriffs „Opfer des Faschismus“. Auge und Ohr werden voneinander getrennt, die Gegenwart der Orte im Bild trifft auf deren Nutzung und Deutung in diversen, historischen Schichten im Ton. So erzählt ZUSTAND UND GELÄNDE nicht nur von Orten, die im Nationalsozialismus gleich zu Beginn Teil einer netzartigen faschistischen Infrastruktur wurden, sondern die später – nach dem Zweiten Weltkrieg, nach dem Ende der DDR, in der gesamtdeutschen Gegenwart der NSU – umkämpfte Räume einer Deutungshoheit von Geschichte und Legitimation politischer Linien wurden.

Daraus entsteht das drückende Gefühl eines Insistierens der Vergangenheit auf eine Gegenwart, wird Geschichte als Ge-schichtetes begreifbar, in jedem Bild potenzieren sich die Zeitpunkte und Zeiträume und beharren auf ihr Jetzt.

Deutschland 2019 |  118 Minuten | DCP 2K | deutsche Originalfassung | Buch, Schnitt, Produktion und Regie: Ute Adamczewski | Zusammenarbeit, Titel: André Siegers | Bild: Stefan Neuberger | Tongestaltung: Ludwig Berger | Stimme: Katharina Meves | Farbkorrektur: Stefan Neuberger | Mischung: Jochen Jezussek | Übersetzung: Stephen Grynwasser | Untertitelung: Stefan Pethke | gefördert durch Medienboard Berlin-Brandenburg

Festivals und Auszeichnungen:

  • DOK.Leipzig 2019 – Goldene Taube
  • DOK.Leipzig 2019 – ver.di-Preis
  • FID Marseille 2019 – Prix premier
  • Duisburger Filmwoche 2019
  • Achtung:Berlin 2020 – Preis der ökumenischen Jury
  • Dokumentarfilmwoche Hamburg 2020
  • Preis der deutschen Filmkritik – bester Dokumentarfilm 2021
  • Peter-Weiss-Preis der Stadt Bochum 2021

Pressestimmen:

  • „Eine extrem präzise Montage von aktuellem Bildmaterial und archivierten Schriftstücken.“ Der Spiegel
  • „Lange blickt die Kamera in ZUSTAND UND GELÄNDE auf das Gebäude, geduldig, fordernd, als taste sie es nach Spuren ab, als wolle sie das Haus in seine Einzelteile zerlegen. (…) Im Schauen klappen sich die Bilder auseinander, spalten sich immer mehr auf. Unaufhaltsam lassen sich in ihnen neue Dinge finden, an denen der Blick haften bleibt.“ critic.de
  • „Der Film beeindruckt durch seine strenge Form. Monoton ist er aber nicht. Viele feine Details sind in die Gesamttextur eingewoben.“ MDR
  • „Das fortwährende Nebeneinander der Texte und Bilder, die nur in unseren Gedanken eins werden können, trifft einen auf eine besonders eindringliche Weise. Es führt einem vor Augen, was man alles nicht sieht, obwohl es doch da ist.“ epd Film
  • „Dieses anspruchsvolle Filmessay ist eine echte Arthouse-Entdeckung für Doku-Fans.“ programmkino.de

Regisseurin Ute Adamczweski über ihren Film:

Ein Motiv für meinen Film sind die erinnerungspolitischen Auseinandersetzungen in Deutschland seit dem Mauerfall. Exemplarisch lassen sie sich am sächsischen Gedenkstättengesetz von 2004 bis 2015 nachvollziehen. Dessen Gleichsetzung von Nationalsozialismus und DDR führte zu dem Vorwurf, eine Relativierung des NS und damit eine Re-Nationalisierung des Gedenkens zu betreiben. Die frühen Lager, in denen der Widerstand zum NS niedergemacht wurde, sind mir in diesem Kontext begegnet. In den spärlichen Veröffentlichungen dazu gab es keine Fotos. Erst bei den Ortsbesichtigungen wurde mir bewusst, dass sich die meisten Lager inmitten von Ortschaften befanden. Es war offensichtlich, dass man die Orte und die Lager zusammendenken muss. Durch einen Zufall konnte ich während der Dreharbeiten im Stadtarchiv Frankenberg einen Stapel Dokumente einsehen. Ganz oben lag eine Warenbestellung für das Lager Sachsenburg. In dem Stapel befanden sich noch Bewerbungsschreiben, Verhaftungs- und Verhörprotokolle. In jedem einzelnen Dokument konnte man die Verstrickungen des Lagers mit seiner Umgebung und die Beteiligung unzähliger Personen erkennen. Aus den Dokumenten und weiteren Quellen habe ich einen Filmtext entwickelt. Während das Bild in der Gegenwart bleibt, bewegt sich der Text durch die Zeit und zeigt die ökonomischen und gesellschaftlichen Strukturen, die zur Ausgrenzung bestimmter Gruppen und zur Eskalation von Gewalt geführt haben. Der Ausdehnung des NS in alle Lebensbereiche habe ich die vermeintliche Harmlosigkeit der Orte zur Seite gestellt. In den Filmbildern tauchen Mahnmale auf, die den Opfern des NS gewidmet waren. An deren Umwidmungen lassen sich die antagonistischen Positionen zur deutschen Geschichte ablesen.